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Verbreitung von Laufverletzungen: Freizeitläufer vs. Leistungssportler

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Laufen gilt als eine der beliebtesten Sportarten weltweit. Millionen von Menschen joggen regelmäßig und genießen die gesundheitlichen Vorteile. Doch so groß die positiven Effekte auf Herz-Kreislauf und Psyche auch sind, das Verletzungsrisiko beim Laufen ist nicht zu unterschätzen. Laufverletzungen treten häufig auf, sowohl bei Hobbyläufern als auch bei professionellen Athleten. In diesem Beitrag werfen wir einen wissenschaftlich fundierten Blick auf die Verbreitung von Laufverletzungen und vergleichen die Inzidenz (Auftretenshäufigkeit neuer Verletzungen in einem bestimmten Zeitraum) und Prävalenz (Anteil der Läufer, die zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum verletzt sind) bei Freizeitläufern und Leistungssportlern. Dabei betrachten wir aktuelle epidemiologische Daten, typische Verletzungsmuster und Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.


Wie oft verletzen sich Läufer überhaupt? Die Spannweite der in Studien berichteten Verletzungsraten ist beträchtlich . Generell zeigen Übersichtsarbeiten, dass pro Jahr etwa 30–50% aller Läufer mindestens eine Laufverletzung. Einige Studien nennen eine jährliche Inzidenz von rund 37% bis 56% bei durchschnittlichen. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit ermittelte sogar eine mittlere Verletzungsinzidenz von etwa 40% sowie eine Prävalenz von ca. 45%, das heißt, fast die Hälfte aller Läufer ist innerhalb eines Jahres von einer Verletzung betroffen. Extremwerte sind vor allem auf unterschiedliche Definitionen zurückzuführen: Je nachdem, ob man nur schwere Verletzungen mit Trainingsausfall zählt oder jegliche muskuläre Beschwerden berücksichtigt, schwanken die Raten zwischen etwa 19% und über 90%.


Nicht nur die jährliche Inzidenz ist aufschlussreich, sondern auch die Verteilung zu einem bestimmten Zeitpunkt: Querschnittserhebungen zeigen, dass typischerweise ungefähr 20–50% der Läufer zu einem beliebigen Zeitpunkt verletzt sind oder kürzlich eine Verletzung hatten. Laufverletzungen betreffen dabei fast ausschließlich die unteren Extremitäten, allen voran das Knie. Je nach Studie entfallen um die 40% aller Laufverletzungen auf das Kniegelenk. Es ist damit die mit Abstand am häufigsten betroffene Region. Danach folgen häufig Schienbein/Unterschenkel, Knöchel und Fuß als verletzungsanfällige Bereiche.


Freizeitläufer:

Unter Freizeitläufern verstehen wir Personen, die in ihrer Freizeit joggen – vom Laufanfänger bis zum ambitionierten Hobby-Marathonläufer, jedoch ohne professionelle Betreuung oder Kaderstatus. In dieser Gruppe ist das Verletzungsgeschehen stark vom Trainingsstand und der Erfahrung abhängig. Besonders Laufanfänger sind gefährdet: Wer neu mit dem Laufen beginnt, weist deutlich höhere Verletzungsraten auf als erfahrene Läufer.

Konkret liegt die Inzidenz bei Laufanfängern bei etwa 8,8 Verletzungen pro 1.000 Stunden Laufzeit, während erfahrene Läufer rund 4,2 Verletzungen pro 1.000 Stunden aufweisen. Dieser Trend wurde durch verschiedene Studien bestätigt, die auch zeigen, dass Freizeitläufer im Schnitt etwa 7,7 Verletzungen pro 1.000 Laufstunden erleben – absolute Anfänger teils sogar bis zu 17–18.

Woran liegt das? Zum einen muss sich der Bewegungsapparat eines Laufneulings an die neue Belastung anpassen – Sehnen, Bänder, Muskeln und Knochen sind anfälliger, wenn Training zu schnell gesteigert wird. Zum anderen fehlt es Anfängern oft an Wissen über Trainingsprinzipien, Technik und Regeneration. Häufige Risikofaktoren bei Freizeitläufern sind eine vorangegangene Verletzung, geringe Lauferfahrung und ein übermäßiger oder abrupt erhöhter Trainingsumfang. Auch muskuläre Dysbalancen oder Fehlstellungen können beitragen, wobei die wissenschaftliche Datenlage dazu uneinheitlich ist.

Interessanterweise ist bei Hobbyläufern ein starker Leistungswille ebenfalls ein Risikofaktor – denn wer ehrgeizig trainiert, neigt eher dazu, Schmerzen zu ignorieren oder Belastungsgrenzen zu überschreiten. Typische Verletzungen bei Freizeitläufern sind Überlastungserscheinungen. Besonders häufig betroffen ist das Knie, etwa durch das patellofemorale Schmerzsyndrom oder das Iliotibialband-Syndrom. Auch Schienbeinschmerzen (z. B. Schienbeinkantensyndrom), Achillessehnenbeschwerden und Plantarfasziitis sind weit verbreitet.

Diese Verletzungen entstehen oft schleichend durch kumulative Belastungen, wenn das Trainingspensum die individuelle Belastbarkeit übersteigt. Die gute Nachricht: Viele dieser Beschwerden sind nicht gravierend und heilen bei entsprechender Regeneration und Behandlung meist folgenlos aus. Wer jedoch trotz Schmerzen weiterläuft, riskiert eine Chronifizierung. Deshalb ist Prävention essenziell – insbesondere durch langsame Trainingssteigerung, gute Regeneration, geeignetes Schuhwerk und das Ernstnehmen körperlicher Warnzeichen.


Leistungssportler:

Im Hochleistungssport trainieren Athleten oft mit sehr hohen Umfängen und Intensitäten – unterstützt durch professionelle Betreuung. Dennoch sind auch sie regelmäßig von Verletzungen betroffen. Studien zeigen, dass die durchschnittliche Verletzungsrate im Leistungssport bei etwa zwei Verletzungen pro Athlet und Saison liegt. Dabei entfielen auf Überlastungsverletzungen etwa 1,6 und auf akute Verletzungen rund 0,7 Fälle pro Athlet und Jahr.

Die Verletzungswahrscheinlichkeit liegt je nach Disziplin zwischen 30 % und 80 %. Marathonläufer haben mit etwa 31 % pro Jahr eher niedrige Raten, während Sprinter oder Ultraläufer deutlich höhere Quoten erreichen. Man könnte von einem U-förmigen Risiko sprechen: Moderate Distanzen (Marathon) sind tendenziell weniger verletzungsträchtig als Sprint oder Ultramarathon.

Nicht alle Verletzungen werden als solche erfasst – viele Athleten trainieren trotz Beschwerden weiter. Dennoch bleibt die Belastung hoch: Auch im Profibereich dominieren Überlastungsschäden. Knieprobleme, Achillessehnenreizungen und Stressreaktionen im Schienbein sind ähnlich häufig wie bei Freizeitläufern. Zusätzlich treten bei Leistungssportlern häufiger akute Verletzungen wie Muskelfaserrisse auf – insbesondere bei Sprintern in der hinteren Oberschenkelmuskulatur. Auch Stressfrakturen – also Überlastungsbrüche – treten vermehrt auf, z. B. im Mittelfuß, Schienbein oder Becken.

Die Hauptursache im Profisport ist die chronisch hohe Trainingsbelastung. Marathonläufer erreichen oft 150–200 km pro Woche. Frühere Verletzungen sind auch hier ein starker Prädiktor für erneute Probleme. Der Unterschied zum Hobbysport liegt in der Unterstützung: Profis haben Zugriff auf gezielte Prävention, Techniktraining und Therapie – dadurch können sie viele Verletzungen mildern oder besser managen. Doch auch hier gilt: Wo maximale Leistung gefordert wird, steigt der Verschleiß.


Unterschiede zwischen Freizeit- und Wettkampfläufern

Einige wesentliche Unterschiede lassen sich zusammenfassen:

  • Verletzungsrate pro Laufzeit: Unerfahrene Freizeitläufer verletzen sich relativ häufiger pro Stunde als Profis. Studien zeigen etwa doppelt so hohe Raten bei Laufanfängern.

  • Jährliche Verletzungshäufigkeit: Rund 50 % der Hobbyläufer verletzen sich pro Jahr – bei Leistungssportlern ist die Zahl ähnlich hoch oder sogar höher, abhängig von der Disziplin.

  • Verletzungsmuster: Freizeitläufer leiden überwiegend unter chronischen Überlastungsschäden (v. a. Knie). Leistungsläufer haben zusätzlich akute Muskelverletzungen und Stressfrakturen.

  • Risikofaktoren: Im Freizeitsport sind Trainingsfehler und mangelnde Erfahrung zentral. Im Profibereich ist es vor allem das hohe Belastungsniveau.

  • Belastungsprofil: Freizeitläufer zeigen oft ein „Weekend Warrior“-Profil mit unregelmäßigem Training. Profis trainieren dauerhaft auf hohem Niveau, was zu kumulativem Verschleiß führt.


Fazit

Laufverletzungen sind weit verbreitet – sowohl bei Freizeitläufern als auch im Leistungssport. Zwar unterscheiden sich Ursachen und Muster teilweise, doch Prävention ist in beiden Gruppen entscheidend. Gerade Anfänger sind besonders gefährdet, da ihr Bewegungsapparat sich erst an die neue Belastung gewöhnen muss. Profis wiederum kämpfen mit der hohen Dauerbelastung und den Anforderungen des Wettkampfbetriebs.

Die gute Nachricht: Mit sinnvoller Trainingsplanung, geeigneten Schuhen, technischer Schulung und guter Regeneration lassen sich viele Verletzungen vermeiden. Wer auf seinen Körper hört, kann lange gesund laufen – ob aus Freude an der Bewegung oder im Streben nach Bestzeiten.

 
 
 

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